Wipperau-Kurier

Titelgeschichte: Buntes Narrentreiben auf dem Lande

Faslam: Alaaf, Helau und Oho!

Ähnlich wie Karneval, nur mit anderen Wurzeln: So könnte man dem Rest der Welt Faslam erklären. Wann und wie genau der vor allem im nordöstlichen Niedersachsen und Sachsen-Anhalt verbreitete Brauch entstand, ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt. Aber das macht nichts, denn überall, wo Faslam gefeiert wird, geschieht dies ganz nach dem Motto: Lebe das Kind in dir!

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Kiepenkerl, Clowns und Cowboys: So feierte man früher Faslam in Wieren, Schnorren inklusive. Foto: Privat


Mit Arbeit hat der Faslamsbrauch traditionell wenig zu tun. Das Gesinde – so nannte man im 19. Jahrhundert die Knechte und Mägde, die bei wohlhabenden Bauern in Stellung waren – zog um die Wintersonnenwende herum auch in unserer Region von Hof zu Hof, um mit bunten Verkleidungen und viel Lärm den Winter zu vertreiben. Die dabei erschnorrten Speisen und Getränke dienten dem anschließenden Fest. Daraus dürfte das traditionelle Faslam-Schnorren entstanden sein.

Schnorren war echte Not

Geschnorrt wurde damals noch aus echter Not. Die Knechte und Mägde verdienten nur sehr wenig Geld und hatten nur einmal im Jahr Urlaub und das häufig auch nur für drei Tage. Der Bauer wählte dafür die Winterzeit aus, da zu diesem Zeitpunkt am wenigsten in der Landwirtschaft zu tun war. Auf diese Weise wurde der Kurzurlaub zum Höhepunkt des Jahres für das Gesinde, und weil das Geld zum Feiern fehlte, wurden Speis und Trank erschnorrt.
Fasching in Wieren

Fasching in Wieren

Knechte und Mägde gibt es schon lange nicht mehr, und aufs Schnorren sind die Menschen in den Faslamsregionen ebenfalls nicht mehr angewiesen. In den heutigen Faslamsfeiern und -umzügen hat sich der Brauch dennoch erhalten und im Laufe der Jahre offenbar mal etwas mehr, mal etwas weniger mit dem Rheinischen Karneval vermischt. Ein Beispiel dafür sind die Faschingsfeiern in Wieren. „Fasching wird in Wieren seit etwa 62 Jahren gefeiert und beginnt wie überall am 11.11. um 11.11 Uhr neustens mit der Erstürmung des Rathauses in Wrestedt“, so Klaus Cichy von der Prinzengarde des TuS Wieren. Auch das traditionelle Faslam-Schnorren kennt man hier noch. Cichy: „Für mich ist Faslam mit einem Faslamsumzug in Verbindung zu bringen. In Wieren zogen früher die Leute verkleidet durch den Ort und schnorrten Ess- und Trinkbares, dazu wurden auch Fantasiewagen gebaut. Das Geschnorrte wurde dann gemeinsam verzehrt.“

Faslam in Ostedt


Auch in Ostedt hat der Faslam eine lange Tradition. „Allerdings war der Umzug bei uns irgendwann in den 1960er-Jahren eingeschlafen. Erst vor rund 30 Jahren gab es eine Wiederbelebung“, erklärt Andreas Rösler, der erste Vorsitzende des SV Ostedt. Und er muss es wissen, denn heute feiert die Dorfgemeinschaft Faslam unter dem Dach des Sportvereins SV Ostedt. „Wir haben jedes Jahr viel Spaß“, sagt Andreas Rösler, „und ziehen begleitet von der Musikkapelle ‚Wahnsinn‘ durch den Ort. Dabei schnorren wir uns, wie damals schon die Knechte und Mägde, ordentlich was zusammen.“ Anschließend wird im Gasthaus Grützmacher gefeiert und das Erschnorrte gemeinsam verspeist.

Neben Ostedt findet der Umzug regelmäßig auch in Gavendorf, Könau und Kroetze statt. Einen festen Termin gibt es in Ostedt nicht. Die Organisatoren versuchen aber, den Faslamsumzug möglichst auf einen Tag vor Aschermittwoch zu legen. Natürlich gibt es in Ostedt auch einen eigenen Narrenruf: Während man in Köln am Rhein seit Jahrhunderten „Kölle Alaaf“ singt, ruft man sich in Wieren ein fröhliches „Helau“ zu und in Ostedt feiern sich die Jecken auf ihren Faslamssitzungen mit einem dreifach donnernden „Ostedt Oho!“

Willkommen in Varbitz!


Auch in Varbitz organisiert die Dorfgemeinschaft einen Faslamsumzug. „Wir ziehen hier in Varbitz in der Regel am Samstag vor Rosenmontag durch den
Ort. Drei Stunden dauert so ein Umzug, der von Musiker Horst Schulz und Mitgliedern verschiedener Feuerwehrkapellen begleitet wird. Wir klopfen an alle Türen, um zu schnorren, und anschließend geht es dann zum traditionellen Eieressen auf den Saal“, erzählt Herbert Rathje, Mitglied im Festausschuss von Varbitz. Beim Eier - essen werden alle eingesammelten Naturalien gemeinsam verspeist. „Natürlich noch etwas angereicht durch Leckereien wie Schnittchen, Salate und Würstchen“, ergänzt Rathje.

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In Varbitz ist jeder aus unserer Region herzlich willkommen, friedlich und fröhlich Faslam zu feiern. Foto: H. Rathje


Die Varbitzer prämieren per Jury die schönsten Kinderkostüme – den Siegern winken sogar Preise. Ab 20 Uhr gibt es dann Tanz im Saal. Für die passende Livemusik sorgt hier schon seit Jahren zuverlässig die Band Guitarman. Herbert Rathje lädt ein: „Der Eintritt ist frei und jeder aus unserer Region ist herzlich willkommen, mit uns in Varbitz friedlich und fröhlich Faslam zu feiern.“

Dschungelparty in Schnega


Vermutlich gab es in früheren Zeiten auch in Schnega einen Faslamsumzug. Doch selbst, wenn diese Behauptung heute nicht mehr völlig gesichert ist: Ganz sicher ist, dass es auch in diesem Jahr wieder einen großen Kinderfasching in Schnega gibt – und zwar am 25. Februar von 14.30 bis 17.30 Uhr im Dörfergemeinschaftshaus. „Der Veranstalter ist seit 1974 der TSV Schnega und seit 2012 hat ein Team aus der Sparte Kinderturnen die Zügel in der
Hand“, erzählt Tanja Thon aus Billerbeck, die als Übungsleiterin beim TSV Schnega den Kinderfasching mitorganisiert.

Andere Dörfer und örtliche Färbungen


Auch in vielen anderen Ortschaften des Ostkreises Uelzen, der Swinmark und des angrenzenden Wendlands ist der Faslam ein Teil der alten dörflichen Kultur. So zogen in Göddenstedt bei Rosche die Schnorrer über viele Generationen durch die Dorfstraßen und auch in Suhlendorf hatte der vom TSV veranstaltete Maskenball eine lange Tradition. Seit Jahren ruht jedoch dieser schöne Brauch in beiden Ortschaften.

Ob Clenze, Schnega, Soltendieck, Rosche oder Wieren: Jedes Dorf in unserer Region hat in Sachen Faslam oder Fasching alte örtliche Traditionen, die uns unterscheiden – und zugleich wie ein starkes Band verbinden.

cwk/hl